Aus der Praxis der norddeutschen Schlichtungsstelle

Schlichtungsstelle empfängt Gäste aus der Ferne

Erschienen im Niedersächsischen Ärzteblatt 01/2011

Die Besucher, die am 23. November 2010 auf das Klingelschild der Schlichtungsstelle
an der Hans-Böckler-Allee drückten, hatten einen weiten Weg hinter sich:

Nach langem Flug waren sie zwei Tage zuvor am Frankfurter Flughafen angekommen. Ihr Wohnort ist Seoul in Südkorea. Neugier und großes Interesse hatte die Mitglieder der Korean Medical Association (KMA) zu einer Reise nach Deutschland veranlasst – von einer Schlichtungsstelle hatten sie gehört, wo Streit zwischen Ärzten und Patienten außergerichtlich beigelegt werden kann. Darüber wollten sich die koreanischen Ärzte, hauptsächlich Gynäkologen, gern einmal genauer informieren. Der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, Rechtsanwalt Johann Neu, empfing die Koreaner aufs Herzlichste – nicht ohne den Schatten, der sich in diesen Tagen wieder besonders über das von Südkoreanern als „Hanguk“ bezeichnete Land gelegt hatte, anzusprechen: „Wir lesen in den Zeitungen, dass sie aktuell besonders große politische Probleme haben“, sagte Neu in Anspielung auf den Granatenangriff Nordkoreas auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong am 22. November. „Wir hoffen mit Ihnen auf ein gutes Ende dieses Konflikts.“

Mithilfe eines mitgereisten Dolmetschers, der den deutschen Vortrag ins Koreanische übersetzte, brachte Rechtsanwalt Neu seinen Gästen das hiesige Arzthaftungsrecht näher. Diese machten sich eifrig Notizen in Block und Laptop und zeugten auf diese Weise von der angenehmen Kultur des Respekts und Zuhörens ihres Herkunftslandes. Im Anschluss hatten sie viele Fragen, etwa wann genau ein Arzt die Grund- und Risikoaufklärung eines Patienten unternehmen muss. „Im Wesentlichen unterscheiden sich deutsches und koreanisches Arzthaftungsrecht nicht stark“, resümierte die Gruppe.

Christine Wohlers, stellvertretende Geschäftsführerin, informierte im Anschluss über das Schlichtungsverfahren der Einrichtung. Hier war das Interesse besonders groß, da zurzeit im koreanischen Parlament darüber beraten wird, eine vergleichbare Institution im Gesundheitssystem Koreas einzurichten. Am Abend ging es für die koreanische Delegation weiter nach Berlin, wo sie am 27. November die Bundesärztekammer besuchen wollte. Zeit für touristische Attraktionen nahmen sich die Mediziner dagegen kaum. Auf die Frage, welche Sehenswürdigkeit sie in Hannover oder Berlin am meisten interessiert, antworteten sie: „Wir würden statt dessen unheimlich gern einmal ein deutsches Krankenhaus von innen sehen.“ Auch bei der Realisierung dieses Wunsches konnte die Schlichtungsstelle behilflich sein, sie vermittelte prompt einen Besichtigungstermin im Unfallkrankenhaus Berlin.

Autoren:

JBF

Julia Beatrice Fruhner